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Fernabsatzvertrag – Onlinebestellung nach Beratungsgespräch in den Geschäftsräumen des Verkäufers

Hat ein Verbraucher in diesem Fall ein Widerrufsrecht?

Hierzu leiten wir Ihnen eine, nach unserer Einschätzung sehr wertvolle Information des GD Holz weiter, die wie folgt lautet:

In der juristischen Erstberatung hat uns hat in der letzten Woche die Frage erreicht, ob sich ein Verbraucher nach einem ausführlichen Beratungsgespräch im Geschäft und einer nachfolgenden Onlinebestellung der Ware auf ein Widerrufsrecht berufen darf. Das nachfragende Mitgliedsunternehmen hatte dem Kunden nach der Beratung sogar ein Muster mitgegeben. Nach Bestellung über den Webshop wollte der Verbraucher dann eine Woche später den Vertrag auf Kosten des Verkäufers rückabwickeln. Zurecht? In diesem Fall nicht, aber es gibt interessante Zweifelsfälle.
Schließt ein Verbraucher ausschließlich über Fernkommunikationsmittel einen Vertrag ab, kann er ihn 14 Tage nach Vertragsschluss widerrufen. Das folgt aus dem Gesetz (vgl. §§ 355 Abs. 1 i.V.m. 312c Abs. 1, 312g Abs. 1 BGB). Aus Sicht des Gesetzgebers ergibt sich eine Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers, weil dieser im stationären Vertrieb die Ware regelmäßig in Augenschein nehmen kann und einen Eindruck von seinem potenziellen Vertragspartner gewinnen kann.
Fernkommunikationsmittel sind in diesem Zusammenhang weit zu verstehen. In § 312c Abs. 2 BGB sind beispielhaft Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und digitale Dienste genannt. Aus technischer Sicht fallen nahezu alle Kommunikationsmittel, die in gegenseitiger Abwesenheit genutzt werden, in den Anwendungsbereich.

Interessanter ist die Voraussetzung ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, die neben dem Vertragsschluss auch für die Vertragsverhandlungen gilt. Der Verbraucher soll nur dann geschützt werden, wenn er sich vor Abschluss des Vertrags durchgängig in einer Situation befand, in der typischerweise die oben beschrieben Gefahren bestehen, vor denen der Gesetzgeber ihn schützen will. Nach den Erwägungsgründen zu der europäischen Verbraucher-Richtlinie, die der Gesetzgeber hier gesetzlich umgesetzt hat, soll ein Fernabsatzvertrag auch dann vorliegen, wenn der Verbraucher die Geschäftsräume des Verkäufers nur aufsucht, um sich über die Ware zu informieren, und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt. Genau hier ergeben sich also die Abgrenzungsschwierigkeiten. Aus der Rechtsprechung scheint sich aber zu ergeben, dass ein Mindestmaß an persönlichem Kontakt zwischen Verkäufer und Verbraucher erforderlich ist, um einen Fernabsatzvertrag später ausscheiden zu lassen – wie so häufig kommt es auf den Einzelfall an. Die Beweislast für den persönlichen Kontakt liegt beim Verkäufer.
Auch wenn die Parteien Vertragsverhandlungen in gegenseitiger Anwesenheit geführt haben, scheidet ein Fernabsatzgeschäft nur dann aus, wenn sich die Verhandlungen noch im endgültigen Vertragsschluss niedergeschlagen haben. Es muss daher ein hinreichend enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Verhandlungen und dem Vertragsschluss bestehen. Natürlich betrifft dieses Erfordernis auch einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen Verhandlung und Vertragsschluss. Ein Beratungsgespräch zu Terrassendielen beeinflusst demnach nicht die Onlinebestellung von Dachbalken.

Anmerkungen unseres MDH-Anwalts der Rechtshotline für E-Commerce und IT-Recht, Herrn RA Holger Loos:
a) Wenn man direkt nach den Gesprächen heimgeht und das identische Produkt sofort bestellt -> Kein Fernabsatz. Je weiter das Produkt abweicht und je länger es dauert, umso wahrscheinlicher, dass es wieder Fernabsatz wird. Aber auch hier liegt die Beweislast beim Verkäufer.
b) Wir empfehlen, auch in Grenzfällen eine Widerrufsbelehrung mitzuschicken, da dann im schlechtesten Fall zumindest die Frist für den Widerruf auf 14 Tage beschränkt ist und nicht ein Jahr währt.
c) Eine Erweiterung der Widerrufsbelehrung um eine entsprechende Klausel kann sinnvoll sein. Weil hier aber das Risiko der Anfechtbarkeit der Widerrufsbelehrung an sich besteht, z. B. weil sie dadurch für den Privatkunden zu schwer verständlich wird, empfehlen wir dies nicht ohne Beratung durch einen darauf spezialisierten Anwalt zu tun. Gerne vermitteln wir Ihnen bei Bedarf einen entsprechenden Kontakt.

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Bei Fragen wenden Sie sich gerne an Herrn Roland Wiesenmüller.

Roland Wiesenmüller
Geschäftsführer

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